Kurt Bodewig Bundesminister a.D.

Die Logistik und der Ostseeraum

18.11.2009

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bedanke herzlich für die Einladung in diese exklusive und hochkarätige Runde aus Unternehmern und Politikern. Gerade in dieser Zeit ist es wichtig, dass Politiker und Wirtschaftsfachleute zusammenkommen, weil die Krise in der Finanz-und Wirtschaftswelt ist noch nicht vorbei ist.

Um so wichtiger ist es, diese Krise als eine Chance zu sehen und zu nutzen. Dieses betonen immer wieder Wirtschaftsfachleute und beziehen sich auf das chinesische Zeichen für Krise, dass für Gefahr und Chance gleichzeitig steht: Krise = Gefahr + Chance.

Will man die Krise als Chance nutzen, muss die Politik und Wirtschaft oft eine neue Orientierung wählen. In den letzten Jahren hat sich die Wirtschaft immer nach Asien hin orientiert: Hier lag das globale Wachstum, hier lag die Zukunft der Weltwirtschaft. Gewiss ist das weiterhin der Fall, aber sicheres, nachhaltiges und stabiles Wachstum finden wir auch in anderen Räumen.

In der Politik und in der Wirtschaft ist man schon lange davon abgerückt die Globalisierung als universelles Phänomen zu bezeichnen. Vielmehr rücken Makroregionen in den Vordergrund. Man spricht in diesem Kontext von der Glokalisierung: Regionen verarbeiten die Globalisierung zu ihren Konditionen, indem sie ihr Potential der Differenz nutzen wie zum Beispiel ihr wirtschaftliches, kulturelles und politisches Know How.

Ein solcher glokaler Raum ist die Ostsee. Drei gute Gründe sprechen für ihn:

  1. Er ist ein Raum der politischen Stabilität und Dynamik
  2. Er ist ein Raum der Kreativität
  3. Er ist ein Raum des Wachstums

Man kann hier von einem dynamischen Dreieck der Wirtschaftsentwicklung sprechen, denn politische Stabilität/Dynamik, Kreativität und Wachstum bedingen sich wechselseitig und haben sich wechselseitig verstärkt.

Freilich ist diese Entwicklung kein Selbstläufer gewesen oder im Sinn von Adam Smith durch eine invisible hand herbeigeführt worden, vielmehr stehen hinter den drei Punkten politische Konzepte wie die europäische Integration und ökonomische Projekte und Ansätze, die seit langem die Wirtschaft in der Ostseeregion fördern und befördern.

In meinem Vortrag möchte ich auf diese drei Punkte genauer eingehen, und sie zweiten Teil meines Vortrages auf die Logistik im Ostseeraum beziehen. Der Grund hiefür: Die Logistik im Ostseeraum bildete eine wichtige Grundlage für effiziente und effektive Verbindungen in der Ostseeregion und ist somit eine wichtige Rahmenbedingung für das Wachstum und die Stabilität in der Ostseeregion. Im Schlussteil meiner Rede mache ich einen Ausblick, inwieweit neue Entwicklungen in der Ostsee mit der Wirtschaftspolitik in Bremen für die nächsten Jahre korrespondieren.

Das dynamische Entwicklungsdreieck der Ostsee: Die Ostsee als Raum ein Raum der Stabilität und Dynamik

Seit 1990 hat sich die Ostsee zu einem Meer des Friedens entwickelt, mehr noch: Seit 2004 können wir fast von einem europäischen Binnenmeer sprechen: außer Russland gehören alle Anrainer der Europäischen Union an. Als Maritimer Botschafter der EU-Kommission begrüße ich diese politischen Entwicklung, sie bringt drei konkrete Vorteile mit sich:

Interne und externe politische Stabilität

Frühere Streitigkeiten zwischen den Anrainer werden jetzt innerhalb der Europäischen Union ausgetragen, was mehr Verhandlungs- und Vermittlungspotential bedeutet. Gleichzeitig hat die Europäische Politik auch eine Außendimension: die Nördliche Dimension. Hier arbeitet die EU seit 1998 verstärkt mit Russland in mehreren Feldern zusammen: Umweltschutz, Sozial- und Gesundheitsfürsorge sowie Energie.

Gleiche Rechtsgrundlagen für EU-Staaten

Das Schengener-Abkommen und die Grundlagen der Einheitlichen Europäischen Akte sichern die zügigen Grenzverkehr in der Ostseeregion ab- ein Pluspunkt für die Logistik

Verstärke dynamische Zusammenarbeit

Durch vielseitige Initiativen und Programme fördert die EU die Zusammenarbeit der Ostseepartner und ihren Regionen. Zu nennen sind hier vor allem die INTERREG-Projekte im Bereich Umwelt und Wirtschaft. An diesen Projekten lassen sich gut die ausgeprägten Synergieeffekte zwischen der europäischen und der regionalen Ebene erkennen: Die EU-Projekte benutzten die vorhandenen Wissens- und Forschungsressourcen der Ostseeregion zu Gunsten der europäischen Integration und stärken so wiederum die Ostsee als ein Meer des Wissens, der Information und des Umweltschutzes.

Ein Beispiel hiefür war das Projekt Baltic Virtual Campus. Hier wurden nachhaltig e-Learning Strukturen im Ostseeraum aufgebaut. Ziel: Die dynamische Anpassung der Bildungsangebote an die Anforderung eines internationalen Arbeitsmarktes und gleichzeitig die Schaffung eines europäischen Raumes höherer Bildung, unter Einbeziehung neuer EU-Mitglieder (Polen, Litauen, Lettland).

Die Ostsee als ein Raum der Kreativität

Dass die Ostseeregion über vielseitige Wissens- und Forschungsressourcen Ressource verfügt, steht für eine enorme Kreativität in den Bereichen Wissensvermittlung, Biotechnologie und Life-Science. Hier liegt das Potential der Differenz gegenüber anderen Regionen. Ja, die Ostsee kann in diesem Bereich eine Modellregion für andere Regionen sein.

Exemplarisch hierfür ist die Scanbalt-Bioregion. Es ist ein netwerksartiger Zusammenschluss aus 60 Universitäten und 870 Firmen im Bereich der Biotechnologie und der Life-science. Es bildet die Basis für Scan-Balt, ein Netzwerk der Netzwerke, in der Ostseeregion, das die Zusammenarbeit von Bio-und Life-Science Technologie fördert .

Scan-Balt ist nur eines von vielen Netzwerken, das die Ostsee umspannt. Zu nennen sind in die Zusammenhang auch das Baltic Developement Forum, dass 1992 auf Initiative von dem deutschen Außenminister Hans Dietrich Genscher und dem dänischen Ministerpräsidenten Uffe Ellemann Jensen gegründet wurde. Nicht zuletzt erinnere ich in diesem Zusammenhang an das Batlic Sea Forum, es dient seit 1992 als Kommunikations- und Interaktionsplattform für Unternehmer und Politiker in der Ostseeregion- gerade für Logistikunternehmen.

Diese wachsende Vernetzung und dynamische politische Stabilität in der Ostseeregion haben in den letzten Jahren ein stetiges Wachstum zur Folge gehabt.

Die Ostseeregion als Wachstumsraum

Die Ostsee ist ein Wachstumsraum: sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft: Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der neuen EU-Ostseemitglieder Polen und der baltischen Länder wird von 2006 bis 2030 durchschnittlich ca. 4% betragen. In diesen Ländern wird das Pro-Kopf-Einkommen von 2006 bis 2030 um über 100% ansteigen! So etwa in Polen von 4500 Euro auf 11014 Euro im Jahr 2030 oder Litauen von 2900 Euro auf 8151 Euro. Selbst die traditonellen Ostseeländer weisen interessante Wachstumsraten auf. Zwar beträgt das durchschnittliche Wachstum hier nur ca. 2%, aber Schweden, Finnland, Dänemark und ihr Nachbarsstaat Norwegen werden im Jahr 2030 ein durchschnittliches Pro-Kopfeinkommen von ca. 50.000 Euro haben. Aufgrund der hohen Innovationsfähigkeit der Ostseeregion wird dieses Wachstum nich zu Lasten der Umwelt gehen.

Ich möchte in diesem Bezug ebenso auf die Zugangsmöglichkeiten zu den Kosumenten des Ostseeraumes eingehen. Die Ostseeregion mit ihren Ländern und den Regionen haben insgesamt ca. 50 Mio Einwohner.Zwar ist der Raum im Vergleich zu anderen Regionen verhältnismäßig klein und besitzt nur eine geringe Bevölkerungsdichte mit wenigen Metrpolregionen wie St.Peterburg und Hamburg, aber Unternehmen haben durch den Ostseeraum Zugang zu weit mehr als 460 Millionen Bewohnern der EU und den 145 Mio. Einwohner Russlands (vgl. Kersten 2008, S.60). Mit anderen Worten: Die Ostseeregion ist eine wichtige Brücke zu anderen EU-Regionen und Wirtschaftverbindungen nach Russland.

Export und Impotbewegen in der Osteeregion spielen daher eine große Rolle. Folglich nimmt die Logistik eine hohen Stellenwert in der Ostseergion ein, denn sie ist dafür verantwortlich, das es einen inter-und intra Handel in der und über die Ostseeraum hinaus gibt.

Die Logistik in der Ostseeregion

Vorweg noch einmal ein paar Zahlen: Die Ostseeanrainerstaaten tauschen unter sich rund 5% des Welthandels aus, was für die Ostseehäfen bedeutet, dass 20% des weltweiten Seegüteraufkommens in den Häfen der Ostseeanrainer umgeschlagen werden. Ich meine, dass dieses eine eindruckvolle Zahl ist, die die Logistikdynamik der Ostsee aufzeigt. Die Perspektiven für 2020 weisen sogar noch einmal auf eine weiter Vedoppelung der Transportraten hin (vgl. Hautau 2006, S.551).

Um so wichtiger ist es, dass die Logistik im Ostseeraum gut aufgestellt ist. Hieran ist auch die EU interessiert, weil es um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Regionen geht. In dieser Beziehung möchte ich auf die Studie des INTERREG Projektes Logon Baltic verweisen . Ziel war es, die regionale Entwicklung von insbesondere kleineren und mittleren Unternehmen zu stärken. Insgesamt waren zehn Regionen mit 30 Partnern aus Skandinavien, dem Baltikum, Russland, Polen und Deutschland beteiligt. Ich möchte hier kurz einige Ergebnisse, der Studie darstellen, sie geben einen guten Einblick, wie die Logistik im Ostseeraum aufgestellt ist.

Die Ergebnisse von Logonbaltic

Die Studie hatte fünf Schwerpunkte:

  • Logistikkosten
  • Outsorcing
  • LUK-Technologie in der Logistik
  • Performancemessung: Logistik und Wettbewerb
  • Trends

Die Logistikkosten

Die Höhe der Logistikkosten bewegt sich in den Regionen zwischen 8% und 14%. Lediglich Mecklenburg-Vorpommern weicht von dieser Brandbreite deutlich ab (bei 20%). Ursache: kleinere Unternehmen und relativ geringwertige Güter.

In Bezug auf die Zukunft gehen (mit Ausnahme von St. Petersburg) weit über 50 % der Unternehmen davon aus, dass ihre Transporkosten steigen werden. Ursachen: Der Ölpreis sowie Engpässe wegen erhöhter Nachfrage.

Das Outsourcing

Nationale und internationale Transporte weisen den größten Anteil des Outsourcing auf. Die Region Hamburg und Östergotland sind hier Spitzenreiter. Hier werden 75% der innländischen Transporte an externe Unternehmen vergeben.

Anders sieht es in den Regionen Südwest-Finnland, Estland, Lettland, St. Petersburg und Mecklenburg-Vorpommern aus: Dort gaben nur 20% der Firmen an, dass sie nationale Transporte zu mehr als 75% an externe Dienstleister vergeben.

IT-Technik

Im Bereich der logistischen IT-Technik ist Estland dagegen der Spitzenreiter. So ist es kaum verwunderlich, dass hier ca. 17% der Unternehmen im Bereich IT-Outsourcing 75% der Leistungen fremd vergeben. Der Outsoucing Anteil in Hamburg liegt dagegen bei 15%, gleiches gilt für St.Petersburg und und Östergötland. In diesen Regionen werden vergeben 15% mehr als 75% ihrer Aufgaben fremd.

Performancemessung: Logistik und Wettbewerb

Zwei Drittel der Firmen in Hamburg, Östergötland sowie Mecklenburg-Vorpommern sehen die Logistik als eine Hauptquelle von Wettbewerbsvorteilen an. Anders in den beiden baltischen Ländern Lettland und Estland. In Lettland waren nur 40 % der Meinung das Logistik ein Wettbewerbvorteil ist, in Estland gar nur 18%. Hier entwickelt sich erst langsam ein umfassendes Logistikverständnis, das über den Transportbegriff hinausgeht.

Trends

Was für Trends in der Zukunft gibt es? Wie sehen die Teilnehmer die zukünftige Entwicklung?

Drei Hauptziele bestehen hier:

Erstens die Reduzierung der Kosten, zweitens die Verbesserung des Kundenservice, drittens die Entwicklung von Informationssystemen. In Hamburg ist zudem wichtig, die Transparenz der Supply Chain zu erhöhen.

Wie lassen sich diese Ziele am besten erreichen?

Unabdingbar ist natürlich die intensive Fort- und Weiterbildung. In welchen Bereichen weitergebildet werden soll, ist aber sehr unterschiedlich. Für St. Petersburg ist die Verbesserung der operativen Tätigkeiten am wichtigsten, weniger die strategischen (35%) oder gar unternehmensübergreifenden. Dagegen spielen in Hamburg die Verbesserung der strategischen Kompetenzen die wichtigste Rolle.

Was kann die Politik tun?

Wie wir gesehen ist die Logistik in der Ostseeregion gut aufgestellt. Dass dieses so bleibt, dafür muss die Politik sorgen. Sie muss für die Infrastruktur die Logistik bereitstellen. Wichtig ist nach meiner Meinung ein Ansatz, der differenziert, indem er unterschiedliche Maßnahmen auf unterschiedlicher Ebene durchführt: auf der regionalen, auf der nationalen und auf der europäischen Ebene.

Die regionale Ebene

Wie die Zahlen gezeigt haben, bestehen regionale Unterschiede. In Hamburg soll die strategische Kompetenz im Logistikbereich verbessert werden, in St. Petersburg legt man mehr Wert auf die operativen Kompetenzen. Dieses zeigt, dass die regionale Politik auf diese individuellen Bedürfnisse reagieren muss: mit Fortbildung- und Ausbildungsangeboten, und mit Private-public Partnerships.

Ich finde das gerade die Stadt Bremen hier gut aufgestellt ist. Mehr als 1.800 maritime Industrie und Dienstleistungsunternehmen bilden in der Freien Hansestadt Bremen ein einmaliges maritimes Kompetenzcluster. Außerdem ist die Hochschullandschaft zur Ausbildung qualifizierter Fachkräfte und Spezialisten ebenfalls herausragend aufgestellt. Hinzu kommt eine Vielzahl renommierter Forschungsinstitute, die entweder unmittelbar maritime Themen bearbeiten oder in komplementären Bereichen wie z.B. Robotik, künstliche Intelligenz, Materialwissenschaften, Raum- und Luftfahrt oder Informationstechnologie tätig sind.

Auch aus arbeitsmarkttechnischen Gründen ist die Logistik für Bremen wichtig: Seegüterumschlag, Transport und Logistik gehören zu den wichtigsten Branchen und sichern direkt und indirekt die Beschäftigung von rund 80.000 Menschen in der Wirtschaftsregion Bremen. Insgesamt sind in Bremen über 1.000 Unternehmen in der Logistikbranche tätig.

Die nationale Ebene

Freilich die lokale und regionale Ebene kann nicht alles lösen. Notwendig sind auch nationale Programme. Ich meine, dass Deutschland mit dem Hafenkonzept gut aufgestellt ist.

Wesentliche Ziele des Hafenkonzepts sind :

  • Ausbau der hafenrelevanten Verkehrsinfrastrukturen und Beseitigung von Kapazitätsengpässen in den Häfen
  • Wettbewerbsfähigkeit der Häfen verbessern
  • Ausbildung und Beschäftigung sichern und stärken
  • Umwelt- und Klimaschutz nachhaltig fördern
  • die Sicherheit der Lieferketten optimieren.

Das Volumen dieser Konjunkturprogrammen beträgt 2009 und 2010 vier Milliarden.

Zum ersten Mal sind in einem Konzept auch die Binnenhäfen Teil einer Gesamtstrategie. Sie sind wichtige Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern Straße - Schiene - Wasserstraße. Sie werden in den Logistiknetzwerken - insbesondere mit Blick auf den europäischen Ost-West-Verkehr - als Hinterland-Drehkreuze und Güterverteilzentren für die deutschen Seehäfen und die Häfen in Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen immer wichtiger.

Die Binnenhäfen und somit die Binnenwasserstraßen spielen für die gesamte Ostseeregion eine wesentliche Rolle: sie verbinden die Ostsee und ihre Regionen mit den anderen Teilen von Europas und von Russland. Folglich stehen sie für eine grenzüberschreitende Ostseeregion. Daher hat der Ausbau der Wasserstraßen in der Ostseeregion eine europäische, ja transeuropäische Dimension und muss auf europäischer Ebene gefördert werden.

Die Europäische Dimension und die Ostsee

Dass Wasserstraßen für die europäische Ostseeregion eine wesentliche Rolle einnehmen, verdeutlichen ein paar Zahlen: Der Trollhätte-Kanal bei Götteborg und der Södertälkanal bei Stockholm ermöglichen Schiffen von deutlich über 3000t. die Durchfahrt; auf der Neva, die die Ostsee mit dem großen russischen Raum verbindet, fahren sogar Schiffe mit mehr als 4000t. Um die Binnenwasserstraßen in der Ostseeregion weiter zu verbessern, hat die EU im Rahmen des Projektes INTRASEA (Inland Transport on Sea Routes) Schwerpunkte definiert, hier die wichtigsten:

  1. Ganzjähriges Short Sea Shipping soll möglich sein
  2. Binnenschifffahrt soll sich in der ganzen Ostseeregion etablieren
  3. Binnenschifffahrt soll im Einklang mit der europäischen Verkehrs- und Umweltpolitik stehen
  4. Die Einführung elektronischer Informationssysteme in den Ostseeländern sollen die logistische Leistungsfähigkeit verbessern

Der Ausbau der Binnenwasserstraßen macht noch einmal deutlich, wie wichtig die Ostseeregion für das gesamte Europa ist: sie verbindet nicht nur die Ostseeanrainer, vielmehr ganz Europa. Mit anderen Worten: Der Ostseeraum steht für eine immer besser vernetzte Wirtschaftsregion, bestehend aus Meeres- und Wasserstraßen, die gute Rahmenbedingungen für Logistikketten- und Innovationen schaffen.

Dass Bremen an dieser Entwicklung des Ostseeraum teilhaben sollte, steht nach meiner Meinung außer Frage, denn Bremen verfügt über zwei Universalhäfen Bremen, Bremerhaven, die alles bieten, was das Herz eines Logistikers und Binnenschiffers und Reeders begehrt: moderne Umschlaganlagen alle Form von Gütern, beste Übersee- und Hinterlandverbindungen, hohes logistisches Know-how beim Knüpfen und Steuern von Supply Chains. Ferner ausgeprägte kommunikations- und informationstechnologische Kompetenz, die auf hohem europäischem Niveau sind.

Wie wichtig der Ostseeraum für den Containerverkehr in Bremen und Bremerhaven ist, verdeutlichen einige Zahlen: Im Jahr 2000 betrug der Containerumschlag mit Skandinavien 469.002 TEU im Jahr 2008: 649.331 TEU. Für die baltischen und russischen Staaten ist der Anstieg noch dramatischer: 2000 betrug der Containerumsatz 91.237 TEU, im Jahr 2008: 720.250 TEU. Dieser Anstieg spiegelt sich auch Container-Verkehr von den Häfen in Bremen mit den einzelnen Ländern der Ostseeregion wieder: Die (3)Russische Föderation, (4)Polen, (5)Finnland, (6)Schweden und (7)Norwegen belegen Platz drei bis sieben. Vor ihnen sind nur die Großregionen Asien und USA.

Diese Entwicklung wird sich in der Zukunft weiter fortsetzen, denn die Ostseeregion bietet hohe Wachstumsraten, von denen die Bremer Häfen profitieren werden. Mehr noch: in den nächsten Jahren wird die Ostseeregion im Rahme der europäischen Integration noch mehr politisch und ökonomisch zusammenwachsen. Aufgrund dieser Situation möchte ich meine Rede mit einem Ausblick über die Entwicklung der kommenden Jahre abrunden.

Ausblick

Die kurze Darstellung des Ostseeraums als Stabilitäts-Kreativitäts- und Wachstumsraum hat gezeigt, wie viel Potential im Ostseeraum steckt: Stabilität, Kreativität und Wachstum verstärken sich wechselseitig und führen zu einer dynamischen Entwicklung. Insbesondere die Wachstumsraten in der Ostseeregion sind für den Logistikbereich wichtig, sie steigern den Umsatz der Logistikbranche- gerade wenn Unternehmen wie in Hamburg bereit sind, diese Aufgabe an externe Anbieter abzugeben.

Diese Entwicklung wird in Zukunft noch an Dynamik gewinnen, da seit Juni 2009 die Ostseestrategie für noch mehr politische und ökonomische Entwicklung sorgen wird. Es ist das erste Mal in ihrer Geschichte, dass die Europäische Union eine Strategie auf makroregionaler Ebene anstrebt. Schwerpunkte sind Umwelt, Wirtschaft, Infrastruktur und (zivile) Sicherheit.

Gerade die Infrastruktur nimmt eine innerhalb Ostseestrategie eine wichtige Rolle ein, denn hängt der wirtschaftliche Erfolg der Region von seinen Verkehrswegen, Verkehrsanbindungen und Hafenhinterlandanbindungen ab. Daher wird es ein Ziel sein, dem wachsenden Seeverkehr im Binnenland Herr zu werden und das Konzept der „Meeresautobahnen“ umzusetzen. Weiterhin muss die Politik den Ost-West Gegensatz bei der Infrastruktur überwinden: Rail Baltica, die Verbindungen zwischen den baltischen Ländern, Polen und Finnland zu verbessern, ist ein gutes Beispiel. Dass ebenfalls Infrastrukturmaßnahmen in der deutschen Ostseeregion einer große Rolle spielen, verdeutlichen folgende Projekte: Verbesserung des Lübeckerhafens für 13.1 Mio. Euro, die Berlin-Rostock Bahnverbindung für 315 Mio. Euro sowie der Bau der A 14 für 1,4 Mrd. Euro (vgl. Actionplan, 2009. S.44).

Ich meine, dass die Ostseestrategie gut mit der Perspektive 2015 des Bremer Senates korrespondiert. Zwei wichtige Punkte sind hier, dass:

  • das Land Bremen in seinen innovationspolitischen Feldern zu den zehn führenden deutschen Standorten gehört.
  • das Land sich als zentraler Standort einer grenzüberschreitenden international nachgefragten Seehafen- und Logistikregion behauptet und entwickelt.

Schon jetzt tragen die außenwirtschafts- und hafenbezogenen Tätigkeiten überdurchschnittlich zum Bruttoinlandsprodukt des Landes bei. Derzeit liegt der Anteil bei über 30%, das ist doppelt so viel wie im Bundesdurchschnitt. Das verarbeitende Gewerbe im Land Bremen setzte im vergangenen Jahr seine Produkte zu mehr als 50% ins Ausland ab.

Die Ostseestrategie schafft durch ihre Schwerpunkte einen kohärenten Raum der Entwicklung. Sie vertieft die ökonomische Integration und schafft einen stabilen Absatzraum, so dass Bremen mit seine Häfen und seinen vielseitigen Logistikunternehmen von dieser Situation profitieren kann.