Die Wachsende Gefährdung der Regionalen und der Weltweiten Sicherheit durch Piraterie
Bodewig, Kurt (2009): Die Wachsende Gefährdung der Regionalen und der Weltweiten Sicherheit durch Piraterie. Parlamentarische Versammlung der NATO
I. Einleitung
1. Im Laufe des vergangenen Jahres hat sich eine deutliche Erhöhung der Anzahl an Übergriffen durch Piraten auf hoher See eingestellt, wobei eine besondere Häufung von Zwischenfällen vor der Küste von Somalia zu verzeichnen ist. Die in dieser Region herrschende Lage hat inzwischen schon dazu geführt, dass nicht nur Wesen und Ausmaß der von der Piraterie ausgehenden Bedrohung, sondern auch die angemessene Reaktion der Staatengemeinschaft auf dieses Phänomen völlig neu überdacht werden.
2. Die Übergriffe der Piraten vor Somalia werden immer unverschämter, aber auch ausgeklügelter ausgeführt und richten sich gegen eine breite Vielfalt sehr unterschiedlicher Ziele. So haben Piraten aus Somalia im Jahre 2008 unter anderem Schiffe mit huminanitären Hilfsgütern, private Segelschiffe, einen Supertanker sowie einen mit Waffen und Rüstungsgütern beladenen Frachter angegriffen.
3. Galt die Bedrohung vormals weitgehend als ein Problem von regionalem Zuschnitt, dem mit einer regionalen Antwort begegnet werden müsse, hat die Lage in Somalia inzwischen verstärkte Reaktionen der Staatengemeinschaft auf den Plan gerufen, wobei auch militärische Mittel eingesetzt werden. Sowohl die NATO als auch die EU haben Missionen zur Bekämpfung der Piraterie nach Somalia entsandt und machen sich gegenwärtig Gedanken über die Rolle, die sie möglicherweise auch längerfristig bei der Bekämpfung des Piratenunwesens auf den Meeren der Welt zu spielen haben könnten.
4. Im Übrigen hat die in Somalia entstandene Situation auch die Unzulänglichkeiten des internationalen Rechtsrahmens in das allgemeine Bewusstsein gerückt. Dabei wurden auch Fragen wie diejenige nach einer Definition des Begriffes ‘Piraterie’ und zum Beispiel die Frage der Zuständigkeit und der Berechtigung, Piraten zu verhaften und strafrechtlich zu belangen, in den Raum gestellt.
5. Ziel des vorliegenden Berichts ist es, die gegenwärtig von der Piraterie ausgehende Bedrohung im Lichte der jüngsten Entwicklungen in Somalia einer Bewertung zu unterziehen und Mittel und Wege zur Intensivierung der internationalen Anstrengungen im Kampf gegen das Piratenunwesens anzuregen. Ein detaillierterer Bericht soll für die Jahrestagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO im November 2009 ausgearbeitet werden. Ein besonderes Augenmerk wird dabei dem möglichen Mehrwert gelten, den Beiträge von NATO und EU zu diesen Anstrengungen bedeuten können, wobei aber auch die Grenzen derartiger Beiträge aufgezeigt werden sollen.
II. Die Bedrohung Durch Die Piraterie Analysieren Und Einschätzen
A. Zur Definition Des Begriffs 'Piraterie'
6. Die herkömmliche Begriffsbestimmung für ‘Piraterie’ bzw. ‘ Seeräuberei’ findet sich in Artikel 101 der Seerechtskonvention der Vereinten Nationen (UNCLOS) aus dem Jahre 1982: Seeräuberei ist jede der folgenden Handlungen: a) jede rechtswidrige Gewalttat oder Freiheitsberaubung oder jede Plünderung, welche die Besatzung oder die Fahrgäste eines privaten Schiffes oder Luftfahrzeugs zu privaten Zwecken begehen und die gerichtet ist i) auf Hoher See gegen ein anderes Schiff oder Luftfahrzeug oder gegen Personen oder Vermögenswerte an Bord dieses Schiffes oder Luftfahrzeugs; ii) an einem Ort, der keiner staatlichen Hoheitsgewalt untersteht, gegen ein Schiff, ein Luftfahrzeug, Personen oder Vermögenswerte; b) jede freiwillige Beteiligung am Einsatz eines Schiffes oder Luftfahrzeugs in Kenntnis von Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass es ein Seeräuberschiff oder -luftfahrzeug ist; c) jede Anstiftung zu einer unter Buchstabe a oder b bezeichneten Handlung oder jede absichtliche Erleichterung einer solchen Handlung.
7. Der Angriff auf ein Schiff gilt demzufolge nur dann als ein Akt von Piraterie, wenn er auf Hoher See oder an einem Ort stattfindet, der sich der Rechtshoheit jedweder Staaten entzieht. Ereignet ein Angriff sich in den Hoheitsgewässern eines Staats oder auch in einem Hafen, so wird er als bewaffneter Überfall eingestuft, wofür grundsätzlich andere gesetzliche Bestimmungen und Vorkehrungen gelten.
8. Die zuletzt verzeichnete Erhöhung der Anzahl von Angriffen auf Schiffe vor der Küste von Somalia hat dazu geführt, dass der Sinn und die Relevanz dieser Differenzierung zwischen Piraterie und Raubüberfällen in Frage gestellt werden, nachdem zahlreiche Übergriffe sich in den Küstengewässern von Somalia ereignet haben. Es kommt hinzu, und dieser Gesichtspunkt soll weiter unten erörtert werden, dass diese Unterscheidung ja auch bedeutet, dass ausländische Kriegsschiffe, welche auf hoher See ein Schiff von Piraten ins Visier nehmen und verfolgen, ihre Bemühungen immer dann einstellen müssen, wenn letzteres die Küstengewässer eines Staats erreicht.
9. Im Gegensatz dazu arbeitet das in London ansässige Internationale Seerechtsbüro (IMB), das eine Fachabteilung der Internationalen Handelskammer (ICC) darstellt und als eine Art zentraler Schaltstelle für die Meldung von Piratenakten überall auf der Welt fungiert, mit einer Definition von ‚Seeräuberei‘, welche die beiden Rechtstatbestände der Piraterie und des Raubüberfalls umfasst. Entsprechend breiter ist die Definition gefasst: “Der Akt des Enterns oder des versuchten Enterns jedes beliebigen Schiffes in der offenkundigen Absicht, einen Diebstahl oder gleich welches andere Verbrechen zu begehen, und mit der offenkundigen Absicht bzw. Fähigkeit, zur Durchführung dieses Akts Gewalt einzusetzen”. In dem vorliegenden Bericht soll generell diese breiter gefasste Definition zugrunde gelegt werden.
B. Einige Weltweite Entwicklungslinien
10. Es handelt sich bei der Piraterie natürlich nicht um eine neue Erscheinung. Festzuhalten ist jedoch, dass es in der Vergangenheit und in der gesamten Geschichte immer wieder Zeiten von höchst unterschiedlicher Intensität sowohl bezüglich des Ausmaßes der Piraterie als auch in der Wahrnehmung der von ihr ausgehenden Bedrohung für die Handelsschifffahrt gegeben hat. Was das Phänomen in der Gegenwart betrifft, so sind das internationale Bewusstsein und die zunehmende Sorge angesichts der immer häufigeren Übergriffe von Seeräubern gegen Ende der siebziger und anfangs der achtziger Jahre aufgekommen. In der Folge und als Konsequenz daraus wurde im Rahmen von UNCLOS der heute verbindliche internationale Rechtsrahmen für den Umgang mit der Piraterie kodifiziert, und die bestehenden internationalen Seerechtsinstitutionen wurden entsprechend angepasst. Auch die Einrichtung des Piracy Reporting Centre (PRC) des IMB in Malaysia im Jahre 1992 stellte einen weiteren, sehr wichtigen Schritt zur Förderung eines besseren Verständnisses um Wesen und Ausmaß der Herausforderung dar, dank dessen die internationalen Anstrengungen zu ihrer Vermeidung und Bekämpfung nochmals verstärkt werden konnten. Das wichtigste Ziel des PRC ist es, den Kapitänen von Handelsschiffen als erste Ansprechstelle zu dienen, bei der sie jeden tatsächlichen oder versuchten Angriff von Seeräubern melden können.
11. Die durch das PRC seit seiner Einrichtung erfassten Daten und Zahlen lassen insgesamt eine Erhöhung der Anzahl an Zwischenfällen (d.h. an versuchten und tatsächlich begangenen Angriffen) im Laufe der zurückliegenden 15 Jahre erkennen, wobei es in den Jahren 2000 (469 Zwischenfälle) und 2003 (445 Zwischenfälle) ausgeprägte Spitzen gab. Die gegenwärtigen Zahlen dagegen liegen unter diesen Spitzenwerten. Allerdings zeigen die Statistiken des IMB einen stetigen Anstieg über die zurückliegenden drei Jahre hinweg: gab es im Jahre 2006 239 Fälle von Seeräuberei und bewaffnetem Raubüberfall, so stieg deren Häufigkeit bis zum Jahre 2008 auf 293 Fälle an. Während dieses Jahres 2008 stieg die Fallzahl im Vergleich zu 2007 um 11%. Entwicklung der Häufigkeit von Akten der Piraterie und bewaffneten Raubüberfällen weltweit - Zeitraum 1993-2008 (Statistiken des IMB)
12. Dabei ist jedoch festzuhalten, dass die genannten Zahlen nicht notwendigerweise die tatsächliche Größenordnung des aufgeworfenen Problems zum Ausdruck bringen. Das IMB verlässt sich bei seinen Angaben auf die Anzahl der durch die Kapitäne gemeldeten Zwischenfälle. Dabei ist es jedoch aus den verschiedensten Gründen eher unwahrscheinlich, dass sämtliche Zwischenfälle gemeldet werden. Die Kapitäne fürchten oftmals Verzögerungen bei der Lieferung ihrer Fracht durch Untersuchungen und rechtliche Verfahren bzw. auch mögliche negative Auswirkungen auf die geforderten Versicherungsprämien Die tatsächlichen Zahlen könnten daher höher liegen.
13. Die Erhöhung der Gesamtzahl an Zwischenfällen im Laufe der zurückliegenden drei Jahre ist in erster Linie eine Folge der starken Zunahme der Seeräuberei vor der Küste von Somalia. In anderen Regionen der Welt, und insbesondere in Südostasien, zeigen die Zahlen dagegen nach unten, obwohl letztgenannte Region noch bis in die jüngste Vergangenheit am stärksten unter den Piraten gelitten hatte. Hinter Somalia verzeichnete Nigeria im Jahre 2008 die zweithöchste Häufigkeit von schweren Übergriffen . Bei dem IMB gingen 30 Berichte über tatsächliche Angriffe sowie 10 Berichte über versuchte Angriffe in Nigeria ein. Allerdings vermutet die Organisation, dass eine wesentlich höhere Anzahl an Zwischenfällen gar nicht gemeldet wird. Die Angriffe auf Schiffe ereignen sich vorwiegend in den nigerianischen Küstengewässern in der Umgebung von Lagos, der wirtschaftlichen Hauptstadt des Landes, sowie entlang des Bonny River im südlichen Niger-Delta, und sie zielen hauptsächlich auf die Erdölwirtschaft ab. Daher besteht verbreitet der Eindruck, dass die Piraterie in Nigeria im Wesentlichen politisch motiviert und mit den Aktivitäten von Aufständischen im Niger-Delta verknüpft ist. Die vorkommenden Zwischenfälle verlaufen darüber hinaus tendenziell sehr gewalttätig. Im Jahre 2008 wurden 39 Besatzungsmitglieder bei Angriffen von Seeräubern in Nigeria entführt.
C. Somalia - Eine Fallstudie
14. Seit dem Zusammenbruch des Regimes von Mohamed Siad Barre’s im Jahre 1991 hat es in Somalia keine effektive staatliche Obrigkeit mehr gegeben. Die im Jahre 2004 eingerichtete und durch die Staatengemeinschaft als legitime Staatsautorität anerkannte Übergangsregierung TFG (Transitional Federal Government) hat nur einzelne Teile des Landes, und zwar vorwiegend in der Umgebung von Mogadischu unter ihrer Kontrolle. Mehr als 90% des Staatsgebiets von Somalia werden durch bewaffnete Oppositionsgruppierungen beherrscht. Im Jahre 2006 wurde die Übergangsregierung durch die Union islamischer Gerichte (ICU) gestürzt, einem lockeren Netz von Scharia-Gerichten, die mit der Unterstützung von radikalislamistischen Milizen operieren. Die TFG konnte nach nur wenigen Monaten allerdings dank des Eingreifens der äthiopischen Streitkräfte mit Unterstützung aus dem Ausland das Heft wieder in die Hand nehmen. Obwohl die ICU dabei sehr hart getroffen wurde, konnten in der Folge aus ihren Überresten neue Oppositionsbewegungen gebildet werden, unter denen vorwiegend die Allianz für die Befreiung Somalias (ARS) zu nennen ist, die erst kürzlich der regierenden Koalition beigetreten ist. Eine weitere dieser Gruppierungen ist die radikale al-Shabaab-Bewegung, die möglicherweise heutzutage die stärkste bewaffnete Oppositionskraft gegen die TFG darstellt. Noch weiter verschlimmert wird die Schwäche der zentralen staatlichen Institutionen durch den Umstand, dass die Region Puntland sowie die selbst ausgerufene Republik Somaliland im nördlichen Somalia ihre eigenen autonomen Institutionen eingerichtet haben.
15. Diese Entwicklung hat den Boden dafür bereitet, dass zahlreiche verbrecherische Organisationen, darunter auch Netzwerke von Piraten, sich über das ganze Land ausbreiten und landesweit operieren konnten, während allzu schwache Justiz- und Polizeibehörden vor Ort und auf staatlicher Ebene sich als unfähig erwiesen, darauf eine wirksame Antwort zu erteilen. Bereits zur Jahrtausendwende wurde in einer Reihe von Studien mit großer Sorge eine drastische Zunahme der Angriffe durch Piraten vor dem Horn von Afrika vermerkt. Deutlich verschärft wurden diese Sorgen gegen Ende des Jahres 2005 nach einem fehlgeschlagenen Piratenangriff auf die Seabourn Spirit, ein durch amerikanische Reeder betriebenes, unter der Flagge der Bahamas fahrendes Kreuzfahrtschiff. Während der kurzen Regentschaft der ICU stellte sich insofern eine kurze Atempause ein, als die neuen Herrschenden aktiv und entschlossen gegen die Seeräuberei vorgingen.
16. Im Jahre 2008 kam es zu der schärfsten Erhöhung der Anzahl an Übergriffen in den letzten Jahren – sie stieg von 44 Zwischenfällen im Jahre 2007 auf 111 – eine Erhöhung um 250%. Für den Zeitraum von Januar bis Mitte März 2009 hat das IMB nun bereits etwa 30 Angriffe gemeldet, von denen allerdings nur eine Handvoll erfolgreich verlaufen ist. Piraterie und bewaffnete Raubüberfälle in Somalia / Golf von Aden 2003-2008 (IMB-Zahlen)
17. Die genauen Ursachen des in jüngster Zeit in Somalia zu beobachtenden “Piraten-Booms” sind nicht leicht auszumachen. Als allgemein gesichert gilt jedoch die Erkenntnis, dass es enge Beziehungen zwischen zahlreichen Piraten und den Kreisen der Fischer in einer Reihe von Ortschaften gibt. Die Fischereiwirtschaft Somalias hat während der zurückliegenden zehn Jahre in starkem Maße unter der illegalen, unangemeldeten und ungeregelten Fischereitätigkeit ausländischer Schiffe in der Region zu leiden gehabt. Die Entstehung von Piratennetzwerken könnten somit wenigstens teilweise durch das Bedürfnis motiviert gewesen sein, eine Entschädigung für diejenigen Schäden zu erhalten, welche durch das Überfischen der eigenen Gewässer durch Ausländer entstanden sind . In einem Land mit weit verbreiteter, extremer Armut kann die Piraterie eine attraktive Einkommensquelle darstellen. Allerdings hätte die Piraterie in Somalia auch nicht ohne das entsprechend günstige politische Umfeld gedeihen können, das in erster Linie durch verbreitete Rechtlosigkeit und schwache Institutionen geprägt ist.
D. Somalia Als Beleg Für Eine Zunehmende Bedrohung
18. Neben der reinen Erhöhung der Fallzahlen bei den Übergriffen durch Piraten veranschaulicht die Lage in Somalia auch, in welchem Maße die von der Piraterie ausgehende Bedrohung für die weltweite Schifffahrt sich gegenwärtig verschärft. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass der geografische Schwerpunkt der Angriffe gegen Schiffe sich vom südlichen Somalia (in der Umgebung des Hafens von Mogadischu) in den engen Korridor des Golfs von Aden verlagert hat, wo die Schiffe generell den Seeräubern schutzloser ausgeliefert sind. Der Golf von Aden ist zwischen Somalia und Yemen an seiner breitesten Stelle nicht breiter als 170 Seemeilen und erreicht an anderen Stellen gerade einmal 100 Seemeilen. Aufgrund der geografischen Verhältnisse im Golf und dessen strategischer Bedeutung für die weltweiten Seewege gehen von den dort verübten Akten von Piraterie entsprechend noch größere Störungen für die Schifffahrt aus.
19. Die vorliegenden Erkenntnisse zeigen, dass die drastische Zunahme der Übergriffe eng mit einer zunehmenden Anzahl an Piraten korreliert: war im Jahre 2006 von nicht mehr als einem Dutzend auszugehen, so handelt es sich heute Schätzungen zufolge um 1000 bis 1500. Insider sprechen im Wesentlichen von zwei großen Piratennetzwerken in Somalia. Das eine hat seine Basis in Puntland und operiert vorwiegend von der Stadt Eyl aus. Ein zweites traditionelles Piratennetzwerk ist in Zentralsomalia in der Umgebung der Ortschaft Harardheere (auch Xarardheere) verwurzelt. Nach Angaben der UN – Monitoring-Gruppe für Somalia, die auch die Einhaltung des 1992 durch den UN-Sicherheitsrat verhängten Waffenembargos überwacht, bestehen zwischen den beiden Netzwerken Überschneidungen, und sie arbeiten in einem gewissen Maße auch zusammen.
20. Die Angriffe erfolgen nach einem zunehmend ähnlichen Verlaufsmuster. So berichtet das IMB, dass alle im Jahre 2008 durchgeführten Angriffe bzw. versuchten Angriffe gegen Dampfschiffe gerichtet waren, und aus den Zahlen in den nachstehenden Tabellen wird deutlich, dass es meistens das Hauptziel der Angriffe ist, das Schiff zu kapern und die Besatzung zu Geiseln zu nehmen, um auf diese Art für deren Freilassung ein Lösegeld zu erpressen. Anzahl der Akte von Piraterie und bewaffnetem Raubüberfall im Golf von Aden / Somalia im Jahre 2008 – nach Kategorien von Übergriffen (Zahlen laut IMB) Tatsächliche / erfolgreiche Angriffe Versuchte Angriffe Schiff geentert (keine Entführung, Piraten verlassen das Schiff nach dem Angriff) Schiff entführt/gekapert Schiff beschossen Versuch zu entern Golf von Aden 2 32 31 27 Somalia 0 10 8 1 Gesamt 44 67 Anzahl der Akte von Piraterie und bewaffnetem Raubüberfall im Golf von Aden / Somalia im Jahre 2008 – nach Kategorien der an der Besatzung verübten Gewalt (Zahlen laut IMB) Geiselnahme der Besatzung Besatzung verletzt Besatzung getötet Besatzung vermisst Besatzung entführt Golf von Aden 629 2 3 14 0 Somalia 186 0 1 0 3 Gesamt 815 2 4 14 3
21. Wenn ein Schiff gekapert wird, so erfolgt dies in der Regel durch Gruppen von 10-20 Piraten, die sich mit Schnellbooten bewegen. Die Piraten entern das Schiff mit Hilfe von Enterhaken und Leitern aus Leichtmetall. Das gekaperte Schiff wird sodann in einen sicheren Hafen geleitet – Eyl, Hobyo und Harardheere sind die wichtigsten Stützpunkte – und dort in Erwartung der Zahlung eines Lösegeldes festgehalten.
22. Die Vorgehensweise und auch die Ausrüstung der Piraten sind im Laufe der Zeit immer weiter perfektioniert worden. Sie nutzen inzwischen verstärkt die modernen Technologien einschließlich GPS und Satellitentelefon sowie hochentwickelte Waffen wie das tragbare Flugabwehrsystem MANPADs und die Panzerabwehrwaffe RPG (Rocket Propelled Grenades). Wurden die Angriffe früher von kleinen Fischerbooten aus vorgetragen, so operieren die Piraten in Somalia inzwischen zunehmend mit so genannten „Mutterschiffen“, d.h. größeren Schiffen, die sogar kleinere Schiffe aufnehmen können, um diese immer dann auszusetzen, wenn ein mögliches Ziel ausgemacht ist. Diese Mutterschiffe können längere Strecken zurücklegen und haben es den Piraten bisher immer wieder ermöglicht, in einem küstenferneren Bereich immer kühnere Angriffe zu verüben. Ein Zwischenfall, der in aller Munde war, war das Kapern des saudischen Supertankers Sirius Star im November 2008 etwa 450 Seemeilen vor der Küste Kenias. Ein weiterer, sehr schwerer Zwischenfall ereignete sich im September 2008, als das ukrainische Schiff Faina, mit seiner Besatzung von 21 Matrosen und seiner aus Panzern und Waffen in einem Gesamtwert von ca. 30 Millionen US-Dollar bestehenden Fracht gekapert und entführt wurde.
23. Diese Entführungsfälle mit Beteiligung großer Schiffe haben auch zu einer Inflation bei der Festsetzung der für die Freilassung von entführten Schiffen zu zahlenden Lösegelder geführt. Diese Lösegelder sind von einigen wenigen Tausenden US-Dollar, wie sie noch vor wenigen Jahren üblich waren, auf mehr als 1 Million USD in den spektakulärsten Fällen emporgeschnellt. So wurde zum Beispiel Berichten zufolge für die Freilassung der im April 2008 gekaperten, französischen Yacht Le Ponant ein Lösegeld von € 2 Millionen bezahlt. Die Sirius Star, deren Wert einst auf 100 Mio. USD veranschlagt worden war, wurde im Januar 2009 frei gelassen, angeblich nach Zahlung eines Lösegeldes von 3 Millionen US-Dollar. Auch bei der Freilassung der Faina, im Februar 2009 und damit mehr als vier Monate nach der Kaperung des Schiffes, war Berichten zufolge die Zahlung eines Lösegeldes von mehr als drei Mio. US-Dollar im Spiel.
24. All diese Faktoren und Umstände lassen eine Eskalation der gegenwärtigen Bedrohung hin zu einer längerfristig bestehenden, höher organisierten und aggressiveren Kriminalität erkennen. Es gibt eindeutige Hinweise darauf, dass die Piraten sich der Unterstützung durch korrupte Vertreter der Behörden vor Ort erfreuen und dass sie mit größeren Netzwerken des organisierten Verbrechens in Verbindung stehen, die sie bei der Finanzierung ihrer Operationen unterstützen, sie mit Ausrüstung versorgen und sich der Einnahmen aus den Lösegeldzahlungen annehmen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Piraten sich selbst inzwischen zu einer Art professioneller, krimineller Organisation entwickelt hätten. In dem Bericht der UN-Monitoring-Gruppe für Somalia vom November 2008 wird deutlich klargestellt, dass die Piratenmilizen nach wie vor zum größten Teil “locker organisierte und schlecht ausgebildete” Verbände darstellen und dass sie auch in ihrer Zusammensetzung starke Fluktuationen aufweisen.
E. Die Piraterie In Somalia: Eine Facettenreiche Bedrohung
25. In der Vergangenheit wurde die Piraterie immer wieder als ein vorwiegend lokales bzw. regionales Problem betrachtet, dem mit regionalen Lösungen begegnet werden müsse. Die Entwicklung in Somalia jedoch lässt die potentielle Bedrohung in den Mittelpunkt rücken, die von dem Piratenunwesen gleich in mehrfacher Hinsicht für die internationale Sicherheit ausgehen kann.
26. Da ist zunächst die Bedrohung zu nennen, welche die Piraterie für die Schifffahrt und den Welthandel zur See darstellt. Schätzungen zufolge werden etwa 90% des Welthandels durch Seetransporte abgewickelt. Der Golf von Aden und die Küstengewässer Somalias sind Abschnitte einer der bedeutendsten Routen für den weltweiten Seeverkehr. Etwa 20% des Welthandels sowie 12% der weltweit geförderten Rohöltonnagen werden über diese Route transportiert. Dies bedeutet, dass etwa 20.000 bis 30.000 Schiffe Jahr für Jahr die Meere dieser Region befahren.
27. Betrachtet man lediglich die nackten Zahlen – 111 von 20.000 Schiffen wurden im Jahre 2008 angegriffen –, so mag die Beeinträchtigung des Seeverkehrs durch die Piraterie im Golf von Aden bzw. vor Somalia sehr geringfügig erscheinen. Allerdings lassen sich die durch Piraterie entstehenden Kosten auch nach anderen, sehr unterschiedlichen Indikatoren berechnen. Dabei sind natürlich an erster Stelle die direkten Kosten für die Unternehmen zu nennen, die für ihre entführten Schiffe Lösegeldzahlungen zu leisten haben. Zweitens sind verschiedenen Berichten zufolge die Versicherungsprämien für Handelsschiffe, die den Golf von Aden befahren, im Verlauf des letzten Jahres bereits um das Zehnfache gestiegen , so dass die Reedereien bereits über eine Umleitung ihrer Schiffe um das Kap der Guten Hoffnung herum nachdenken. Dies würde nicht nur zu einer deutlichen Erhöhung der Transportkosten führen, sondern auch die Preise der transportierten Güter steigen lassen. Die Kaperung der Sirius Star hat uns darüber hinaus die potenziellen Kosten von Angriffen auf Öltanker vor Augen geführt und in einem weiteren Sinne deutlich gemacht, welche spezifischen Gefahren von der Piraterie für die Sicherheit der Energieversorgung ausgehen können: allein dieser eine Zwischenfall hat den Rohölpreis um mehr als 1.4% in die Höhe getrieben.
28. Der Zwischenfall mit der Faina wiederum zeigte schlaglichtartig die Gefahr, dass gefährliche Stoffe und Materialien und – wie im Falle der Faina - auch Rüstungsgerät bzw. sogar Nuklearmaterial den Piraten in die Hände fallen könnten. Außerdem wurden durch das Kapern und Entführen von Schiffen sogar ausländische Regierungen zum Eingreifen gezwungen, um die Sicherheit und Unversehrtheit ihrer Staatsbürger zu gewährleisten, die aus persönlichen oder geschäftlichen Gründen in dieser Region zu tun hatten.
29. Im Falle Somalias wurde die sehr dezidierte Reaktion der Staatengemeinschaft anfangs auch durch die Gefährdung von humanitären Hilfslieferungen durch Piraten ausgelöst. Nach Angaben der Vereinten Nationen hat die Anzahl der Hilfsbedürftigen in Somalia sich inzwischen auf annähernd 3,2 Millionen Menschen erhöht, was etwa 43% der Bevölkerung des Landes ausmacht. Das Nahrungsmittelprogramm der Vereinten Nationen (WFP) versorgt mehr als 2 Millionen Menschen in Somalia mit Nahrungsmittelhilfe. Neunzig Prozent dieser Hilfe erreichen das Land auf dem Seeweg. Durch Übergriffe von Piraten war das WFP mehrfach gezwungen, die Lieferung von Nahrungsmitteln per Schiff auszusetzen, bis schließlich im November 2007 ein militärischer Begleitschutz für diese Transporte eingerichtet werden konnte. Dies macht deutlich, in welchem Maße die Piraterie die Verteilung von internationaler Hilfe an die hilfsbedürftige Bevölkerung beeinträchtigen bzw. unterbrechen kann und wie als Folge daraus die humanitäre Krise in Somalia sich noch zu verschärfen droht.
30. Wie vorstehend bereits erwähnt, wird den größeren Netzwerken von Piraten in Somalia gemeinhin unterstellt, dass sie Beziehungen zu Vertretern der örtlichen Behörden und zum organisierten Verbrechen, insbesondere im Bereich des Waffen- und des Menschenhandels, unterhalten. So betrachtet unterhält die Piraterie von sich aus die Korruption und andere kriminelle Aktivitäten, während sie ihrerseits von der Logistik der Netzwerke des organisierten Verbrechens profitiert. Alles in allem tragen diese Umtriebe erheblich zur allgemeinen politischen Destabilisierung des Landes bei.
31. Eine umstrittenere Frage ist es, ob und welche Beziehungen es zwischen den Piraten und verschiedenen Terroristengruppen gibt. Dieses Thema hat Ihr Berichterstatter bereits im vergangenen Jahr im Bericht dieses Ausschusses zum Thema: Energie Sicherheit: Zusammenarbeit zur Verbesserung des Schutzes der wichtigen Infrastrukturen für die Energieversorgung kurz angesprochen [157 CDS 08 rev1]. Wie in diesem Bericht erwähnt, liegen bisher keine eindeutigen Beweise für ein Zusammenspiel der Netzwerke von Piraten und Terroristen in dem Sinne vor, dass Piraten durch Terrororganisationen angeheuert würden, um Terroranschläge auf See zu verüben. Wenngleich ein derartiges Szenario sich für die Zukunft nicht vollständig ausschließen lässt, stellt die Gefahr, dass die Einnahmen aus der Piraterie zur Finanzierung von terroristischen Organisationen eingesetzt werden könnten, doch einen unmittelbareren Anlass zur Beunruhigung dar. Nach Beobachtungen von Martin Murphy von der Universität Reading wurde die Entwicklung derartiger, indirekter Beziehungen zwischen Piraten und Terroristen in Süd- und Südostasien bereits beobachtet , und manche Insider äußern die Sorge, ähnliche Kontakte könnten auch zwischen den Piraten und der al-Shabaab-Bewegung in Somalia zustande kommen.
32. Die al-Shabaab-Bewegung entstand ursprünglich als ein militanter Arm der ICU, hat sich inzwischen jedoch zu einer selbständigen Kraft und zur stärksten regierungsfeindlichen Miliz im südlichen Somalia entwickelt. Diese Gruppe hat die Anwendung von terroristischen Taktiken wie die Verwendung von selbstgebastelten Sprengsätzen und die Entsendung von Selbstmordattentätern für sich entdeckt und damit begonnen, internationale Friedenshüter und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen aufs Korn zu nehmen. Der Sprecher der Bewegung erklärte vor kurzem, die Gruppe sei auf derselben Linie wie Al Qaida, wobei die genaue Art der Beziehungen zwischen al-Shabaab und Al Qaida allerdings nach wie vor unklar ist. Nichtsdestoweniger haben diese Entwicklungen international eine zunehmende Beunruhigung hervorgerufen, und im März 2008 erklärte die US-Regierung al-Shabaab zu einer Terrororganisation. Über mögliche Beziehungen zwischen al-Shabaab und den Piratennetzwerken in Somalia ist allerdings kaum etwas bekannt. Die Gefahr, dass Einnahmen aus der Piraterie teilweise zur Finanzierung der Aktivitäten von al-Shabaab verwendet werden könnten, darf jedoch nicht gänzlich außer Acht gelassen werden.
33. In seiner Studie zum Thema der Sicherheit auf See merkt Martin Murphy an: “Die Piraterie mag an sich ein zweitrangiges Problem sein, jedoch stellt sie in ihrem Kontext der Einbindung in ein weiter gespanntes Netz von Verbrecherorganisationen sowohl die Ursache als auch das Symptom der Schwäche der staatlichen Institutionen dar, die ihrerseits der Grund dafür ist, dass Terrorismus und organisiertes Verbrechen blühen und gedeihen können.” Der Autor nennt eine Reihe von Umständen und Bedingungen, welche zusammen genommen eine ausreichende Grundlage dafür ausmachen, die Piraterie als eine internationale Gefahr einzustufen: - Die betroffenen Seestraßen sind für den Welthandel von entscheidender Bedeutung und/oder besonders verwundbar im Hinblick auf eine Störung des Seeverkehrs; - Der Seeverkehr in der Region wird auch durch Schiffe bestritten, welche Öl und Gas transportieren, aber auch nukleare Stoffe und/oder Schiffs- bzw. Marineausrüstungen und militärisches Gerät; - Das Vorgehen der Piraten ist in hohem Maße organisiert, und die Seeräuber profitieren dabei von einem günstigen bzw. gewogen eingestellten Umfeld, wozu auch schwache staatliche Institutionen, die Korruption sowie die Umtriebe von Netzwerken des organisierten Verbrechens gehören.
34. Wie bereits weiter oben veranschaulicht, sind diese Bedingungen und Umstände im Falle Somalias allesamt gegeben. Diese Lage hat die Staatengemeinschaft dazu veranlasst, die Notwendigkeit einer weitergehenden internationalen Reaktion auf das Piratenunwesen vor der Küste von Somalia anzuerkennen.
III. Die Weltweite Reaktion Auf Das Phänomen Verstärken
35. Die internationale Antwort auf die wachsende Gefährdung durch die Piraterie vor der Küste von Somalia hat in mehrfacher Hinsicht außergewöhnliche Formen angenommen. Die Entwicklung in Somalia hat die Grenzen des bestehenden rechtlichen Rahmens und der traditionell verfügbaren internationalen Instrumente zur Bekämpfung der Piraterie deutlich in unser Bewusstsein gerückt. Sichtbarster Bestandteil dieser Antwort der Staatengemeinschaft war die Entsendung mehrerer militärischer Missionen in die Region. Allerdings muss auch klar erkannt werden, dass das Piratenunwesen ein interdisziplinäres Vorgehen an den verschiedensten Fronten erfordert und dass die militärische Komponente nur eine Dimension darstellen kann. Hier einige weitere unerlässliche Komponenten: die Piraterie muss mit Hilfe von politischen Mitteln bei ihren Wurzeln gefasst werden, es müssen vor Ort Fähigkeiten im Sinne von Polizei und Strafverfolgung entwickelt werden, es muss der internationale rechtliche Rahmen zur Bekämpfung der Piraterie gestärkt werden, und es gilt schließlich, ein Bündel von optimierten Maßnahmen in diesem Bereich im Sinne von “best practices” zu ergreifen.
A. Der Bestehende Rechtsrahmen Und Seine Grenzen
36. Das internationale Recht basiert in der Frage der Piraterie auf den Regeln des Gewohnheitsrechts, die im Rahmen der Seerechtskonvention der Vereinten Nationen (UNCLOS) kodifiziert wurden. Die wichtigste Bestimmung der Konvention findet sich in Artikel 105, wo festgelegt wird: „Jeder Staat kann auf Hoher See oder an jedem anderen Ort, der keiner staatlichen Hoheitsgewalt untersteht, ein Seeräuberschiff oder -luftfahrzeug oder ein durch Seeräuberei erbeutetes und in der Gewalt von Seeräubern stehendes Schiff oder Luftfahrzeug aufbringen, die Personen an Bord des Schiffes oder Luftfahrzeugs festnehmen und die dort befindlichen Vermögenswerte beschlagnahmen. Die Gerichte des Staates, der das Schiff oder Luftfahrzeug aufgebracht hat, können über die zu verhängenden Strafen entscheiden sowie die Maßnahmen festlegen, die hinsichtlich des Schiffes, des Luftfahrzeugs oder der Vermögenswerte zu ergreifen sind, vorbehaltlich der Rechte gutgläubiger Dritter“.
37. Damit wird in Artikel 105 jedem Staat die Befugnis übertragen, die Schiffe von Piraten aufzubringen und zu beschlagnahmen und die beschuldigten Piraten zu verfolgen, selbst wenn der betreffende Staat keinerlei staatsbürgerschaftliche Beziehungen zu dem Schiff, den Opfern eines Übergriffs bzw. zu den Angreifern unterhält. Dieser Zustand wird mit dem Begriff der universellen Gerichtsbarkeit bezeichnet. Allerdings obliegt den Staaten keinerlei Pflicht, die ihnen übertragene Autorität auch tatsächlich auszuüben.
38. In Artikel 107 von UNCLOS werden die Kategorien von Schiffen bzw. Luftfahrzeugen definiert, welche das Recht haben, Piratenschiffe aufzubringen. Es heißt dort: „Ein Aufbringen wegen Seeräuberei darf nur von Kriegsschiffen oder Militärluftfahrzeugen oder von anderen Schiffen oder Luftfahrzeugen vorgenommen werden, die deutlich als im Staatsdienst stehend gekennzeichnet und als solche erkennbar sind und die hierzu befugt sind“.
39. Daraus ist allerdings nicht zu folgern, dass die Übergriffe von Piraten als Kriegshandlungen einzustufen wären. Wenngleich mit der UNCLOS-Konvention ein internationales System zur Bekämpfung der Piraterie eingerichtet wurde, werden Kriegsschiffe, die Operationen zur Bekämpfung eines Akts der Seeräuberei durchführen, als Polizei- bzw. Strafverfolgungskräfte betrachtet und behandelt. Dies bedeutet auch, dass festgenommene Piraten nicht als Kriegsgefangene gelten und dass sie demzufolge der normalen Gerichtsbarkeit zu überantworten sind.
40. Die in Somalia durchgeführten Militäroperationen haben deutlich die Lücken und Unzulänglichkeiten sichtbar gemacht, welche der durch UNCLOS eingeführten rechtlichen Systematik anhaften. So ist zunächst anzumerken, dass zahlreiche Angriffe von Piraten innerhalb der Hoheitsgewässer von Somalia stattgefunden haben, wo die UNCLOS-Bestimmungen gar keine Anwendung finden und wo demzufolge ausländische Marineeinheiten normalerweise keine Berechtigung zum Einschreiten besitzen. Zweitens ist in der Verfassung bzw. in den Gesetzen einer Reihe von Ländern der Einsatz von militärischer Gewalt im Rahmen von polizeilichen Missionen untersagt oder auf besondere, eigens genannte Fälle beschränkt. Und schließlich haben einzelne Staaten sich immer wieder auch als unfähig zur Verfolgung von Piraten erwiesen, da es in ihren einzelstaatlichen gesetzlichen Bestimmungen an den entsprechenden, einschlägigen Vorschriften fehlte.
41. Diese Probleme belegen, warum die UNCLOS-Bestimmungen zur Bekämpfung der Piraterie nur dann wirkungsvoll angewendet werden können, wenn zuvor die zwei nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind: 1. der internationale rechtliche Rahmen bedarf in sämtlichen betroffenen Staaten einer Ergänzung durch angemessene nationale Rechtsvorschriften; 2. die existierenden rechtlichen Bestimmungen bedürfen der Unterfütterung durch wirkungsvolle Durchsetzungs-, d.h. Vollstreckungsfähigkeiten. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Festsetzung der Piraten als auch auf die Verfolgung von mutmaßlichen Piraten. The international response to events in Somalia has partly addressed these problems.
B. Somalia: Die Antwort Von Der Seite Des Rechts
42. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNSC), der die politische Lage und die Entwicklung der Sicherheit in Somalia seit dem Jahre 1991 sorgfältig beobachtet hat, hat sich an die Spitze von Bemühungen gestellt, den internationalen Rechtsrahmen den spezifischen Problemen und Herausforderungen anzupassen, so wie sie aus dem Wildwuchs der Piraterie vor der Küste Somalias resultieren. Der Rat konnte während des Jahres 2008 eine Reihe von Resolutionen vereinbaren, welche sich spezifisch mit diesem Thema beschäftigen. Alle diese Texte wurden unter dem Dach von Kapitel VII der UN-Charta verabschiedet, in dem der Sicherheitsrat weitgehende Befugnisse übertragen bekommt, um auf Gefahren für die internationale Sicherheit reagieren zu können. Ja, mit diesen Resolutionen wurde de facto eine Reihe von Ausnahmemaßnahmen eingeführt. Allerdings ging der UNSC nicht so weit, die Piraterie als eine Gefährdung der internationalen Sicherheit an sich einzustufen. Er bezeichnete sie vielmehr als einen verschärfenden Faktor im spezifischen Zusammenhang von Somalia.
43. Der spektakulärste Aspekt bei der Reaktion des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen auf das Piratenunwesen in Somalia ist darin zu sehen, dass die durch UNCLOS eingeführte rechtliche Systematik zum Umgang mit der Piraterie nunmehr auf die Hoheitsgewässer von Somalia ausgeweitet wird. Mit dieser Maßnahme wird die Differenzierung zwischen der Hohen See und den Hoheitsgewässern wirkungsvoll aufgehoben, und ausländische Marineverbände, welche sich im Kampf gegen Operationen von Piraten befinden, erhalten dadurch die Möglichkeit, in der gesamten Zone zu operieren. Eine erste Ermächtigung hat der Sicherheitsrat mit der Entschließung 1816 vom 2. Juni 2008 für die Dauer von sechs Monaten erteilt. Diese Ermächtigung wurde sodann durch die UNSC-Resolution 1846 vom 2. Dezember 2008 um nochmals 12 Monate verlängert.
44. Mit der Resolution 1851 vom 16. Dezember 2008 wurde nochmals eine weitere außergewöhnliche Maßnahme eingeführt, kraft derer den in der Region im Kampf gegen die Piraterie stehenden Staaten für einen Zeitraum von 12 Monaten, beginnend am 2. Dezember 2008, die Befugnis übertragen wird, “sämtliche erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, welche in Somalia angemessen sind”, d.h. mit anderen Worten zum Zwecke ihrer Bemühungen gegen die Piraterie auch an Land zu intervenieren.
45. Der UNSC war sorgfältig darauf bedacht, den außergewöhnlichen Charakter dieser Maßnahmen deutlich hervor zu heben. In sämtlichen Resolutionen wird ausdrücklich festgehalten, dass die jeweiligen Bestimmungen ausschließlich für Somalia gelten; dass sie nicht als Vehikel zur Einführung neuer Bestimmungen des internationalen Gewohnheitsrechts zu betrachten sind; dass sie verabschiedet wurden, nachdem die Regierungsstellen von Somalia ihre Zustimmung erteilt hatten; und dass sie zeitlich begrenzt gelten und laufend der Überprüfung durch den UNSC unterliegen.
46. In den Resolutionen des Sicherheitsrats zum Thema der Piraterie wurden auch einige der Probleme angesprochen, die sich aus der Frage nach der für die Verhaftung und Verfolgung der Piraten zuständigen Gerichtsbarkeit ergeben. So wird insbesondere in den UNSC-Resolutionen 1846 und 1851 die einschlägige Gültigkeit der Convention for the Suppression of Unlawful Acts Against the Safety of Maritime Navigation (SUA Convention) aus dem Jahre 1988 bestätigt, eine Angelegenheit, die zuvor zu theoretischen Auseinandersetzungen unter den Rechtsexperten Anlass gegeben hatte. Mit Artikel 6 der SUA-Konvention wird für die als Parteien beigetretenen Staaten die Pflicht begründet, erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Zuständigkeit ihrer Gerichtsbarkeit für den Fall zu begründen, dass gegen ihre Schiffe, auf ihrem Staatsgebiet oder durch einen ihrer Staatsangehörigen gesetzeswidrige Handlungen begangen werden. Allerdings geht dieser Text nicht so weit wie UNCLOS und lässt daher auch keine universelle Gerichtsbarkeit zu, nach der ggf. jeder Staat die Möglichkeit hat, die Zuständigkeit und die Gerichtsbarkeit für jedweden Akt von Piraterie für sich zu beanspruchen. In diesem Sinne können weder UNCLOS noch die SUA-Konvention, jeweils allein für sich genommen, einen perfekten Rechtsrahmen bieten. Agustin Blanco-Bazan, der Leitende Stellvertretende Direktor für Rechtsfragen bei der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO erläuterte dies jüngst anlässlich eines Seminars der Europäischen Kommission in diesen Worten: “Angesichts eines derartig komplizierten und vielschichtigen Sachverhalts lässt sich eine gewisse Rechtssicherheit nur auf der Grundlage einer angemessenen Umsetzung sowohl der UNCLOS-Bestimmungen gegen die Piraterie als auch der SUA-Verträge und -Übereinkommen in das jeweilige einzelstaatliche Recht erzielen. Das SUA-System sollte bestenfalls als eine Ergänzung von UNCLOS und jedenfalls niemals als ein möglicher Ersatz gesehen werden. Die Lücken, welche aufgrund der durch die SUA-Konvention eingeführten, vielfachen Gerichtsbarkeit und Zuständigkeit fortbestehen, sollten mit Hilfe von Bestimmungen geschlossen werden, mit denen die universelle Gerichtsbarkeit, so wie sie durch UNCLOS begründet wird, tatsächlich zur praktischen Anwendung gebracht werden kann.” Der Abschluss von Auslieferungsabkommen könnte ebenfalls die Verfolgung der Piraten einfacher machen, indem dadurch einzelnen Staaten, welche auf ihren Kriegsschiffen gefangene Piraten festhalten, die Möglichkeit gegeben wird, diese zum Beispiel an die Staaten auszuliefern, unter deren Flagge das überfallene Schiff fährt. Langfristig sollte es allerdings Sache der somalischen Gerichte sein, die Piraten, bei denen es sich in der großen Mehrzahl ja um ihre eigenen Staatsangehörigen handelt, zu verfolgen und sie strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen.
47. Auch andere rechtliche Systeme und Mechanismen wurden in diesem Zusammenhang ins Auge gefasst. So werden die an Operationen gegen die Piraterie beteiligten Staaten in der UNSC-Resolution 1851 zum Beispiel ermutigt, mit einzelnen Staaten in der Region Abkommen zu schließen, dank derer sie das Recht erhalten, bewaffnete Vertreter von Polizei und Justizbehörden an Bord ihrer Kriegsschiffe zu nehmen. Diese so genannten “ship riders” erhalten so die Möglichkeit, die durchgeführten Operationen zu beobachten und die festgenommenen Piraten im Hinblick auf ihre strafrechtliche Weiterbehandlung in ihre Obhut zu nehmen. Die Verträge, die diesbezüglich durch das Vereinigte Königreich, die Vereinigten Staaten und die Europäische Union mit der kenianischen Regierung abgeschlossen wurden, folgen einer ähnlichen Logik und ermöglichen es, die durch die genannten Schiffe aufgegriffenen Piraten nach Kenia zu überstellen, damit sie dort durch die lokalen Gerichte abgeurteilt werden können.
48. Es wurde auch der Gedanke in den Raum gestellt, die Piraten könnten vor den Internationalen Strafgerichtshof gestellt oder durch ein eigens zu diesem Zweck geschaffenes internationales Gericht abgeurteilt werden. Erscheint die erstgenannte Alternative nicht wünschenswert, da sie auf eine Gleichstellung von Piraterie mit Kriegsverbrechen hinauslaufen würde, was natürlich nicht zutreffend wäre, so hält Ihr Berichterstatter die zweite Lösung für überflüssig. Es gibt die Bestimmungen, denen zufolge den Piraten vor den Gerichten der einzelnen Staaten der Prozess zu machen ist. Was gegenwärtig noch fehlt, das ist eine ordentliche Anwendung dieser Regeln und Bestimmungen. Daher sollte die Weiterentwicklung der einzelstaatlichen Gesetzgebung die Priorität erhalten, um eine Strafverfolgung von Piraten in Übereinstimmung mit dem jeweils heimischen Recht zu ermöglichen.
49. Eine weitere rechtliche Frage von großer Bedeutung betrifft die rechtliche Einstufung und Behandlung der Lösegeldzahlungen. Nach britischem Recht handelt es sich bei Lösegeldzahlungen um rechtlich zulässige Transaktionen, solange das gezahlte Geld dabei dem Zweck der Freilassung einer Besatzung oder eines gekaperten Schiffes dient. Sollte das Lösegeld jedoch durch die Piraten für den Erwerb von Waffen oder Drogen verwendet werden – was im somalischen Zusammenhang eine durchaus wahrscheinliche Aussicht darstellen könnte, so ließe sich auch argumentieren, dass derartige Handlungen unter die einschlägigen, strafrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes für den Umgang mit der Geldwäsche zu subsumieren seien, wodurch in Großbritannien der Zahlende – für gewöhnlich der Versicherer des Schiffes – verpflichtet wäre, den Vorgang als eine verdächtige Transaktion zur Anzeige zu bringen.
C. Somalia: Die Antwort Von Der Seite Der Wirtschaft Und Der Betroffenen Und Geschädigten
50. Bei der Frage, wie auf die Gefährdung des Seeverkehrs durch die Piraterie reagiert werden soll, ist es von entscheidender Bedeutung, auch die Schiffereiwirtschaft zu einer dezidierteren Reaktion zu bewegen. Mehrere internationale Organisationen und Zusammenschlüsse von Interessenträgern haben im Hinblick auf dieses Ziel bereits ihre Anstrengungen intensiviert.
51. In dieser Hinsicht sind die Rolle und die Aufgabe des Piracy Reporting Centre des IMB hervorzuheben. Dass einzelne Fälle von Piraterie gemeldet werden, ist ein erster und ganz entscheidender Schritt zur Förderung eines besseren Verständnisses und eines klareren Bewusstseins um dieses Problem, aber auch um die angemessenen Antworten darauf auszuarbeiten. Es ist daher von größter Bedeutung, dass die Kapitäne jeden Zwischenfall von Piraterie zuverlässig und lückenlos zur Anzeige bringen.
52. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) spielt bei der Entwicklung und Anwendung von Richtlinien und „best practices“ ebenfalls immer wieder eine führende Rolle. Die entscheidende Textgrundlage stellt diesbezüglich das MSC-Rundschreiben 623 “Anleitungen für Schiffseigner und Reeder, Kapitäne und Besatzungen zur Verhütung und Bekämpfung von Akten der Piraterie und des bewaffneten Raubüberfalls auf Schiffe” dar. Ergänzt und abgerundet wurde dieses Dokument durch die “Best Management Practices zur Abschreckung vor Piraterie im Golf von Aden sowie vor der somalischen Küste”, welche im März 2009 durch 11 internationale Vertreter aus Wirtschafts- und Versicherungskreisen verabschiedet wurden.
53. In diesen Textwerken finden sich Richtlinien, welche die Schifffahrt dabei unterstützen sollen, Akte von Piraterie und bewaffnetem Raubüberfall auf Schiffe zu vermeiden bzw. zu verhindern und im Falle solcher Übergriffe entsprechend zu reagieren. Es geht dabei um Fragen und Punkte wie die Einführung von Sicherheitsplänen für die Schiffe; von verstärkten Schutzmaßnahmen (Zugangssperren, Verstärkung der Präsenz der Besatzung auf der Brücke und im Ausguck, Einrichtung von Elektrozäunen etc.); von Fluchttaktiken (zum Beispiel selbst im Falle von Angriffen das Aufrechterhalten der möglichen Dauerhöchstgeschwindigkeit); sowie schließlich Verteidigungsmaßnahmen (Einsatz von Hochdruck-Wasserwerfern, Hochfrequenz-Geräuschquellen etc.). Der Einsatz von Sicherheitswachen an Bord ist dagegen eher umstritten. Manche Schiffseigner haben diese Praxis bereits eingeführt, während andere vor der Gefahr warnen, dass solche Maßnahmen zu einer Eskalation der Gewalt führen könnten.
D. Somalia: Eine Völlig Neue Art Der Militärischen Reaktion
54. Das Ausufern der Piraterie vor der Küste von Somalia hat in einem niemals zuvor erlebten Ausmaß zur Stationierung von multinationalen Marineverbänden unter der Oberaufsicht des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen geführt. Ursprünglich begründet und gerechtfertigt wurde diese militärische Antwort auf die Entwicklung mit der Notwendigkeit, die Lieferung von humanitären Hilfsgütern angemessen zu schützen. Die Stationierungsmaßnahmen haben in der Folge nach unterschiedlichen Formaten stattgefunden: es wurden nationale Verbände ebenso entsendet wie multilaterale Verbände unter Führung durch die USA und Missionen der NATO sowie der EU.
55. In der Zeit zwischen November 2007 und Juni 2008 stellten Frankreich, Dänenmark, die Niederlande und Kanada Verbände für den Geleitschutz von Konvois des Nahrungsmittelhilfsprogramms WFP. Die unter Führung der USA stehende Combined Task Force 150 (CTF 150) war der erste multinationale Marineverband, der in Somalia disloziert wurde. Aufgestellt wurde dieser Verband CTF 150 ursprünglich im Jahre 2001 für Anti-Terror-Operationen im Rahmen der Operation Active Endeavour im Golf von Aden, im Golf von Oman, im Arabischen See, im Roten Meer sowie im Indischen Ozean. Das Mandat von CTF 150 wurde in der Folge erweitert und umfasst nunmehr auch Maßnahmen gegen Schmuggel, Menschen- und Drogenhandel sowie Piraterie. Der Verband umfasst die Fünfte Flotte der US-Navy sowie die Schiffe und Aufklärungsflugzeuge verschiedener Koalitionspartner, unter denen sich Kanada, Frankreich, Pakistan, Dänemark und Deutschland befinden. Im August 2008 richtete CTF 150 eine so genannte Maritime Security Patrol Area ein, um die Handelsschifffahrt nunmehr durch einen geschützten Korridor im Golf von Aden zu leiten.
56. CTF 150 stellte im Januar 2009 seine Aktivitäten zur Bekämpfung der Piraterie ein, als die neu formierte Eingreiftruppe Combined Task Force 151 diese Aufgabe übernahm. Die Aufstellung der CTF 151 erfolgte in Reaktion auf die Schwierigkeiten verschiedener Partner in dieser Koalition, die sich aufgrund des Fehlens angemessener Einsatzregeln nicht in der Lage sahen, im Rahmen der CTF 150 Operationen zur Bekämpfung der Piraterie durchzuführen. CTF 151 ist dagegen vollständig der Aufgabe von Missionen zur Bekämpfung der Piraterie gewidmet. Per Mitte März umfasste diese Eingreiftruppe Marineverbände aus den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, der Türkei und Dänemark. Die geschätzten Kosten für die Operationen belaufen sich für die Zeit von Januar bis Mitte Februar auf 1,5 Mio. US-Dollar.
57. Am 9. Oktober 2008 beschlossen die Verteidigungsminister der NATO in Reaktion auf ein Ersuchen des UN-Generalsekretärs die Entsendung von drei Schiffen aus dem Ständigen Maritimen Einsatzverband 2 der NATO (SNMG2) aus Italien, Griechenland und Großbritannien, um damit einen Beitrag zu den Anti-Piratenoperationen vor der Küste Somalias zu leisten. SMG2 ist einer der vier Ständigen Marineverbände der NATO, die ein sofortiges Eingreifen ermöglichen. Als feste und ständige Marinekomponenten der NATO-Eingreiftruppe (NRF) bilden die Ständigen Maritimen NATO-Verbände 1 und 2 eine multinationale, integrierte Seestreitmacht aus Schiffen verschiedener Bündnispartner. Diese Schiffe stehen auf permanenter Grundlage der NATO für die verschiedensten Aufgaben zur Verfügung – von der Teilnahme an Manövern bis hin zum Eingreifen in operativen Missionen.
58. Am 24. Oktober 2008 wurde mit der Operation Allied Provider begonnen. Sie erfolgte unter der operativen Aufsicht des für die maritime Komponente zuständigen Alliierten Kommandos in Neapel und damit unter Führung des Gemeinsamen Alliierten Streitkräftekommandos (JFC) Neapel. Die Schiffe der NATO sorgten für den Begleitschutz von 8 WFP-Konvois und führten zur Abschreckung Patrouillen sowie Einsätze zur Luftaufklärung durch. Die Operation kam am 12. Dezember zum Abschluss, als die NATO die Verantwortung an die EU-Operation Atalanta übergab.
59. Die Mission Atalanta–EU NAVFOR Somalia ist die erste Marineoperation der EU, die jemals im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Europas (GSVP) durchgeführt wurde. EU NAVFOR erhielt die Freigabe durch den EU-Rat am 8. Dezember für eine anfängliche Mandatsdauer von einem Jahr und war mit dem Erreichen seiner „Initial Operational Capability“ am 13. Dezember 2008 einsatzbereit. Übernommen in diese Mission wurde auch EUNAVCO, die im September 2008 eingerichtete Koordinierungszelle zur Unterstützung der Überwachungs- und Sicherungsaktivitäten von EU-Mitgliedsstaaten im Golf von Aden. Per März 2009 umfasste Atalanta Beiträge aus 5 EU-Mitgliedsstaaten (Griechenland, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien). Das Hinzukommen weiterer Verbände aus Schweden, Belgien und den Niederlanden sowie aus Norwegen wurde sehr kurzfristig erwartet. Das Operative Hauptquartier der EU befindet sich in Northwood, Großbritannien. Ein Betrag von 8,3 Mio. Euro wurde zur Deckung der laufenden Kosten dieser Operation bereitgestellt. Diese Seestreitmacht der EU hat seit Beginn ihrer Tätigkeit circa 20 Begleitmissionen zum Schutz von WFP-Konvois durchgeführt. Darüber hinaus ist die EU-Operation auch mit dem Mandat betraut, auf Ersuchen und mit der Zustimmung der jeweiligen Flaggenstaaten Abordnungen zum Schutz der Schiffe an Bord zu stationieren (“vessel protection detachments”).
60. Als ein Bestandteil ihrer Antwort auf das Piratenunwesen hat die EU auch ein „Maritimes Sicherheitszentrum-Horn von Afrika“ eingerichtet, welches den Seefahrern eine Reihe von Dienstleistungen anbietet. Das Zentrum bietet Schiffseignern, Kapitänen sowie Agenten die Möglichkeit, sich beim Zentrum registrieren zu lassen, die Position ihres Schiffes zu aktualisieren und Informationen sowie Anleitungen und Tipps zur Verringerung der Gefahr von Piratenangriffen zu beziehen. Dieses Zentrum bietet ein interessantes Beispiel dafür, wie mit einer militärischen Operation Dienstleistungen für die Geschäftswelt erbracht werden können.
61. Anfang März 2009 beschlossen die NATO-Verbündeten, einen zweiten Beitrag zu den Anstrengungen im Kampf gegen die Piraterie vor Somalia zu leisten. Die Operation Allied Protector soll mit fünf Schiffen des Ständigen Maritimen NATO-Einsatzverbandes 1 (aus Portugal, Kanada, den Niederlanden, Spanien sowie den Vereinigten Staaten) erfolgen. Durchgeführt wird sie unter dem operativen Kommando von Maritime Component Command Northwood, einem der dem JFC Brunssum unterstellten Teilkommandos, und ist daher am selben Ort angesiedelt wie die EU-Operation Atalanta. Die Dislozierung der Mission soll in zwei Stufen erfolgen: die am 24. März eingeleitete erste Phase erfolgt im Bereich des äußeren Schenkels der Streitkräftedislozierung in Südostasien, während die zweite Stufe dann erfolgen, wenn SNMG1 sich Ende Juni auf die Rückreise begibt.
62. Neben diesen multinationalen Stationierungsmaßnahmen gibt es eine Reihe weiterer Militärs, die Schiffe in der Region stationiert haben. Darunter befinden sich Indien, China, Russland, Malaysia und auch Japan. Wenngleich die Regierungen dieser Staaten sich in einem Informationsaustausch befinden und auch mit den multinationalen Operationen unter Führung der Vereinigten Staaten, der EU und der NATO zusammenarbeiten, gehen sie doch völlig unabhängig voneinander vor; entsprechend den Entschließungen der Vereinten Nationen sind sie lediglich gebeten, die somalischen Behörden und die Vereinten Nationen im Falle von Stationierungen zu unterrichten.
63. Es gibt bereits gewisse Hinweise darauf, dass mit der Stationierung von Verbänden im Golf von Aden und vor Somalia positive Ergebnisse erreicht werden. Seit Ende des Jahres 2008 geht die Anzahl an erfolgreich durchgeführten Angriffen zurück. Hatte im Oktober und November 2008 noch jeder dritte Piratenangriff zum Erfolg geführt, so war der Anteil erfolgreicher Übergriffe im Dezember 2008 bereits auf einen von 5 Angriffen zurückgegangen, und im Januar 2009 führte nur noch jeder siebte Angriff die Piraten zu ihrem Ziel. Dabei ist es natürlich schwierig, mit Sicherheit zu sagen, in welchem Maße dieser Trend durch die Stationierung internationaler Verbände in der Region in Gang gesetzt wurde. Dennoch sind diese Zahlen erfreulich. Festzuhalten ist ebenfalls, dass es keinerlei Angriffe auf WFP-Schiffe mehr gegeben hat, seit im November 2007 die ersten Schiffe für einen Begleitschutz dieser Transporte eingesetzt wurden.
64. Trotz dieser erfreulichen Anzeichen jedoch werfen die Anstrengungen der Staatengemeinschaft in Somalia eine Reihe von wichtigen Fragen im Hinblick auf die Art und Weise auf, wie kurzfristig, aber auch auf lange Sicht auf das Problem der Piraterie angemessen zu reagieren ist.
IV. Lehren Aus Der Vergangenheit Und Empfehlungen Für Die Zukunft
65. Eine erste wichtige Erkenntnis besagt, dass alle militärischen Bemühungen der Staatengemeinschaft nur einen begrenzten Beitrag zum Kampf gegen die Verbreitung des Piratenunwesens vor der Küste von Somalia leisten können. Die Piraterie ist einerseits ebenso sehr ein Problem zu Lande wie sie eines auf Hoher See ist, und andererseits ist sie als Symptom einer allgemeineren, breiter gefassten Problemlage zu betrachten, wobei einzelne Faktoren wie Regierung und staatliche Führung, aber auch die Instabilität im Lande ebenso zu nennen sind wie Armut, Korruption und organisiertes Verbrechen. Um die Piraterie ausmerzen zu können, müssen daher unbedingt die eigentlichen Wurzeln des Übels angegangen werden, und es gilt auch, das für die Entwicklung dieses Unwesens gerade in Somalia günstige Umfeld zu beeinflussen. Wie es in dem Bericht des UN-Generalsekretärs zum Thema einer langfristigen, internationalen Strategie zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias von März 2009 heißt, ist angesichts der gegenwärtigen Situation in diesem Lande eine sehr vielfältige und gleichzeitig integrierte Vorgehensweise erforderlich. Dazu gehört, dass der Friedensprozess unterstützt wird. Die Sicherheitsinstitutionen im Lande, aber auch die rechtlichen und seerechtlichen Strukturen und Einrichtungen einschließlich der Küstenwache müssen dringend gestärkt werden. Es muss eine verbesserte Strafverfolgung und Justiz bei gleichzeitiger Rechenschaftspflicht aller Beteiligten gesichert (z.B. die Möglichkeit für die lokalen Behörden, Piraten tatsächlich ergreifen und vor Gericht stellen zu können) und eine strenge Einhaltung des Waffenembargos der Vereinten Nationen gewährleistet werden. Und schließlich gilt es, die Handlungsfähigkeit und den Handlungswillen der verschiedensten Gruppen vor Ort wieder herzustellen.
66. Der Erfolg, mit dem die Staaten in Südostasien während der zweiten Hälfte der neunziger Jahre dem weiteren Ausufern der Piraterie in ihrer Region entgegen getreten sind, zeigt deutlich, dass dezidierte Maßnahmen der Küstenstaaten im Bereich von Polizei und Justiz und eine regionale Zusammenarbeit unter ihnen tatsächlich Entscheidendes bewirken können.
67. Angesichts der Schwäche der staatlichen Institutionen in Somalia ist es schwierig, die in Südostasien gemachten Erfahrungen kurzfristig zu wiederholen. Andererseits könnten jedoch gewisse Entwicklungen der politischen Landschaft in Somalia in der jüngsten Vergangenheit die Grundlage für positive Veränderungen darstellen. Die äthiopischen Streitkräfte haben zu Beginn dieses Jahres ihren Rückzug abgeschlossen und damit den bewaffneten Oppositionsgruppen einschließlich al-Shabaab einen der wichtigsten Gründe für ihre Aktivitäten entzogen. Im August 2008 haben gemäßigte Elemente der Regierungsseite und der oppositionellen Allianz für die Befreiung Somalias (ARS) den Friedensvertrag von Djibouti unterzeichnet, kraft dessen ein erweitertes Einheitsparlament gebildet und eine neue Regierung ausgewählt werden konnte. Der frühere Präsident Abdullahi Yusuf trat zurück und wurde durch Sheikh Sharif ersetzt, den Vorsitzenden der ARS und früheren gemäßigten Führer der ICU. Die nächsten Monate sollten weitere Hinweise darauf bringen, ob die neue Regierung in der Lage ist, die Kontrolle über ihr Staatsgebiet zurückzugewinnen, das nach dem Rückzug der äthiopischen Streitkräfte entstandene Vakuum zu füllen und die oppositionellen Kräfte zu besiegen.
68. In dem Maße, da die politische Lage in Somalia sich stabilisiert, wird es vorrangig darum gehen, lokale und regionale Fähigkeiten für den Kampf gegen die Piraterie aufzubauen. Ein konstruktiver Schritt in diese Richtung ist die im Januar 2009 erfolgte Verabschiedung des durch die IMO geförderten Verhaltenskodex von Djibouti betreffend die Bekämpfung von Piraterie und bewaffnetem Raubüberfall gegen Schiffe im westlichen Indischen Ozean und im Golf von Aden. In diesem Dokument geht es um die Einrichtung einer Zusammenarbeit sowie von Koordinierungsmechanismen in der Region, einschließlich der Einrichtung von vier Informationszentren.
69. Darüber hinaus wird die internationale Gemeinschaft auch die bestehenden Mechanismen zur Verhinderung von und zur Reaktion auf Piraterie ausbauen und verstärken müssen. Kurzfristig bieten sich verschiedene Maßnahmen an, um die Wirksamkeit und die Leistungsfähigkeit der internationalen militärischen Anstrengungen zu erhöhen. Die abschreckende Wirkung der gegenwärtig operierenden Missionen scheint bereits konstruktive Ergebnisse zu zeitigen. Allerdings können die ausländischen Seestreitkräfte das gesamte, von der Piraterie betroffene Seegebiet nicht einmal annähernd abdecken, zumal dieses Gebiet einer Schätzung zufolge der gesamten Küstenlänge der Vereinigten Staaten entspricht. Die Küste von Somali allein ist bereits etwa 3.500 km lang. Schätzungen zufolge wären circa 60 Schiffe erforderlich, um allein die international ausgewiesenen Schifffahrtslinien zu schützen ; und doch waren zu Beginn des Monats April nicht mehr als 20 Schiffe in dem genannten Gebiet stationiert. Daher müssen die gegenwärtigen dauerhaft gehalten werden, und es müssen weitere internationale Partner dazu ermutigt werden, sich der gegenwärtigen Koalition anzuschließen. Ein guter Lageüberblick und die Fähigkeit und Möglichkeit, die Bewegung von Schiffen in dem Gebiet nach zu verfolgen, sind von entscheidender Bedeutung für die Wirksamkeit aller militärischen Anstrengungen. Daher erscheint auch ein verstärkter Einsatz von Luftüberwachung – unter Einbeziehung von Dronen bzw. unbemannten Flugkörpern (UAV) – wünschenswert.
70. Drei multinationale Operationen – darunter eine EU- und eine NATO-Operation – sowie eine Reihe von nationalen Beiträgen sind gegenwärtig in der Region stationiert. Daher ist es besonders wichtig, Mechanismen zu schaffen, dank derer eine ordentliche Kommunikation und Koordinierung zwischen den genannten Missionen und besonders zwischen den EU- und NATO-Operationen zu gewährleisten ist. Ihr Berichterstatter hat die Hoffnung, dass die gemeinsame Ansiedlung der Hauptquartiere der beiden Operationen in Northwood den Prozess einer solchen Abstimmung und Koordinierung erleichtern wird. Auch eine deutlichere Unterscheidung zwischen denjenigen Marineverbänden, die den Begleitschutz für Lieferungen von humanitärer Hilfe gewähren, und denjenigen, die andere Arten von Aktivitäten gegen die Piraterie verfolgen, könnte wünschenswert erscheinen, so wie der UN-Generalsekretär sie in seinem Bericht von März 2009 gefordert hat.
71. Kurzfristig und auch auf mittlere Sicht ist auch die Stärkung des internationalen Rechtsrahmens im Zusammenhang mit der Piraterie von großer Bedeutung. Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen sollten angeregt werden, entsprechende nationale Gesetze zu verabschieden, in welche sich die Bestimmungen von UNCLOS sowie diejenigen der SUA-Konvention übernehmen und integrieren lassen. In der Zwischenzeit könnten Drittabkommen oder Auslieferungsvereinbarungen eine sinnvolle Alternative darstellen. Ihr Berichterstatter ist der Auffassung, dass die Einrichtung eines internationalen Tribunals für Piraterie nicht erforderlich ist.
72. Ein weiteres wichtiges Ziel betrifft auf mittlere Sicht die Stärkung und Straffung der bestehenden Mechanismen zur Anzeige von Akten der Piraterie und bewaffneten Raubüberfällen. Ein ordentlich funktionierendes Meldewesen stellt einen wesentlichen ersten Schritt zur Entwicklung von angemessenen Präventionsmechanismen und Abwehrstrukturen dar. Gegenwärtig gibt es gleich mehrere, miteinander konkurrierende Meldesysteme. Diese Konstellation wird in Zukunft angegangen werden müssen. Die Schifffahrt benötigt eine größere Transparenz und ein einfaches Anzeige- und Meldewesen.
73. Die im Januar 2009 erfolgte Einrichtung einer “Kontakt-Gruppe“ zur Piraterie vor den Küsten von Somalia war ein wichtiger Schritt, um zu einer Aufarbeitung dieser unterschiedlichen Problemkreise zu gelangen und eine weiter gehende Koordinierung der internationalen Anstrengungen zu erreichen. Diese Initiative ist daher zu begrüßen. Die Gruppe bringt unter der übergreifenden Hoheit des Sicherheitsrats die staatlichen Behörden Somalias, die Regierungen der Region sowie weitere Staaten und internationale Organisationen zusammen, sofern diese einen nennenswerten und sichtbaren Beitrag zur Piratenabwehr leisten oder auf signifikante Weise davon betroffen sind. Die Kontaktgruppe hat inzwischen sechs miteinander verknüpfte Schwerpunktbereiche herausgearbeitet und wie folgt benannt: - Verbesserung der operativen und nachrichtentechnischen Unterstützung der gegen die Piraterie gerichteten Operationen; - Ausarbeitung von Koordinierungsstrukturen für alle auf die Piraterie abzielenden Gegenmaßnahmen; - Festigung und Ausbau des Rechtsrahmens in punkto Verhaftung, Anklage/Aburteilung und Inhaftierung von Piraten; - Intensivierung des Problem- und Risikobewusstseins sowie anderer Fähigkeiten bei den Betreibern der Handelsschifffahrt; - Fortsetzung der diplomatischen Bemühungen und der öffentlichen Informationskampagne; - Sowie schließlich Beobachtung und Nachverfolgung der Finanzströme im Zusammenhang mit der Piraterie. Zur Bearbeitung dieser verschiedenen Problembereiche wurden vier Arbeitsgruppen eingerichtet, die jeweils unter der Führung eines Landes oder einer internationalen Organisation arbeiten. Großbritannien zeichnet gemeinsam mit der IMO für die Arbeitsgruppe 1 verantwortlich, die sich mit der militärischen und operativen Koordinierung und mit der Informationsweitergabe beschäftigt. Die Arbeitsgruppen tagen seit Januar regelmäßig, und die Kontaktgruppe hat im März 2009 eine Sitzung zur Bewertung des bisher Erreichten abgehalten. Ihr Berichterstatter wird diese Entwicklungen weiter verfolgen und zusätzliche Informationen und Empfehlungen in die aktualisierte Fassung seines Berichts einarbeiten, die sodann anlässlich der Plenartagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO im November 2009 beraten werden soll.
74. Ein weiteres wichtiges Thema für die nächste Zeit betrifft die Frage, welche Aufgabe und welche Funktion die NATO und die EU langfristig zur Bekämpfung der Piraterie auf den Weltmeeren erfüllen können und wie zukünftige Initiativen beider Organisationen in diesem Bereich sich koordinieren lassen. In dem Papier zur Europäischen Sicherheitsstrategie aus dem Jahre 2003 ist gerade einmal ein Hinweis auf das Anwachsen der Piraterie zur See als eine Dimension des organisierten Verbrechens enthalten, die auch weiterhin einer verstärkten Aufmerksamkeit bedarf. In dem im Dezember 2008 erschienenen Bericht über die Umsetzung dieser Strategie wird diese Aussage detaillierter aufgegriffen, und es wird eine Verbindung zwischen der Piraterie und dem Scheitern ganzer Staaten hergestellt. Allerdings finden sich auch hier keine klaren Hinweise darauf, welche Rolle die EU langfristig spielen könnte, um sich dieses Themas anzunehmen. Die NATO hat damit begonnen, über ihre potenzielle Rolle bei der Bekämpfung der Piraterie und der Erhöhung der Sicherheit zur See nachzudenken. Dies wird mit Sicherheit auch eines der Diskussionsthemen im Rahmen der Überarbeitung des Strategischen Konzepts der Allianz aus dem Jahre 1999 sein, mit der anlässlich des NATO-Gipfels in Straßburg und Kehl im April 2009 begonnen werden soll. Wie die NATO es mit ihrer sehr zügigen Reaktion in Somalia unter Beweis gestellt hat, ist das Bündnis mit Sicherheit in der Lage, einen Mehrwert zu den internationalen Bemühungen beizusteuern. Allerdings wird es sich dabei zwangsläufig und dauerhaft um begrenzte und gelegentliche Beiträge zur Unterstützung von breiter angelegten Zielen handeln müssen. Ihr Berichterstatter wird in der überarbeiteten Fassung des vorliegenden Berichts auch detailliertere Empfehlungen zur potenziellen Rolle von NATO und EU vorlegen.